Am 16.07.2020 wurde von der Kongregation für die Glaubenslehre ein Vademecum veröffentlicht, in welchem zu einigen Fragen in Bezug auf Verfahren von Fällen des sexuellen Missbrauchs Minderjähriger durch Kleriker Stellung genommen wird.
Handbuch zum Umgang mit Missbrauchsfällen
Die Kongregation für die Glaubenslehre hat ein Handbuch zum Umgang mit Missbrauchsfällen herausgegeben, welches als Vademecum bezeichnet wird. Es handelt sich dabei jedoch um keinen normativen Text, sondern um eine praktische Hilfe für Ordinarien und andere Rechtsanwender, um die kanonischen Normen zu Missbrauchsfällen richtig und effektiv anzuwenden. Es bezieht sich neben dem CIC und CCEO auch auf die Motu proprien Sacramentorum sanctitatis tutela und Vos estis lux mundi, sowie die Praxiserfahrung der Kongregation, welche sie in den bisherigen Verfahren zu Missbrauchsfällen gesammelt hat. Das Dokument besteht aus neun Kapiteln mit insgesamt 164 Nummern, welche die gesamte Thematik von der Frage, was als Straftat gewertet wird, bis hin zum Rekurs gegen ein Strafdekret abdeckt. Angeregt wurde der Leitfaden auf dem von Papst Franziskus einberufenen Treffen zum Schutz von Minderjährigen im Februar 2019.
Das erste Kapitel widmet sich der Frage, was als Straftat im Sinne des sexuellen Missbrauchs von Minderjährigen gewertet wird. Dabei wird ausführlich darauf eingegangen, wie die Kompetenzen der Kongregation für die Glaubenslehre gegenüber anderen römischen Dikasterien abgegrenzt werden und welche Daten dabei zu beachten sind (vgl. Nr. 5f.).
Kapitel zwei dreht sich um die Frage, was bei Kenntnisnahme einer möglichen Straftat zu tun ist. Darin wird dargelegt, was unter einer Information über eine mögliche Straftat zu verstehen ist und welche Schritte darauf folgen müssen. Ebenso wird auf die Verjährung (vgl. Nr. 28) und das Amtsgeheimnis (Nr. 30) eingegangen.
Grundsätze der Voruntersuchung
Im dritten Kapitel geht es um die Voruntersuchung. Es wird dargelegt, was die Voruntersuchung beinhalten soll und was in einen eventuellen späteren Strafprozess gehört. Erneut wird hier der Schutz des guten Rufes und die Vertraulichkeit angemahnt. Als Grundsätze werden formuliert, dass sowohl die staatlichen Gesetze als auch der Wille des mutmaßlichen Opfers respektiert werden müssen (vgl. Nr. 48). Des Weiteren wird die Herausgabe von Informationen an staatliche Stellen (vgl. Nr. 49f.) und an den Beschuldigten (vgl. Nr. 52f.) angesprochen, es wird auf die Verhängung von Vorsichtsmaßnahmen des Ordinarius gegenüber dem Beschuldigten eingegangen (Nr. 58 – 65) und darauf, welche Verfahrensweise zur rechtmäßigen Anwendung solcher Vorsichtsmaßnahmen einzuhalten ist. Außerdem gibt das Dokument Auskunft darüber, wie mit den Akten der Voruntersuchung zu verfahren ist (vgl. Nr. 69 – 73). So wurde dem Dokument zum Beispiel eine Tabelle beigefügt, welche nach Abschluss der Voruntersuchung zusammen mit den Akten an die Kongregation für die Glaubenslehre weiterzuleiten ist.
Das vierte Kapitel widmet sich dem Thema, wie die Glaubenskongregation nach Erhalt der Akten weiter verfährt und welche Möglichkeiten und Mittel sie ergreifen kann.
Gerichtliche und außergerichtliche Strafverfahren
Die Kapitel fünf und sechs behandeln das Strafverfahren, sowohl das gerichtliche als auch das außergerichtliche. Letzteres wird sehr ausführlich in mehreren Unterabschnitten behandelt, dabei wird auch auf die Besonderheiten des CCEO eingegangen (vgl. Nr. 130 – 139).
Das siebte und achte Kapitel widmen sich der Nichtigkeitsbeschwerde, der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, der Berufung und dem Rekurs, bei welchem wiederum CIC und CCEO getrennt behandelt werden.
Das neunte und letzte Kapitel behandelt schließlich Themen, welche in allen Verfahrensabschnitten zu beachten sind. Insbesondere geht dieses Kapitel auf die Möglichkeit des Beschuldigten, um Dispens von den Pflichten des klerikalen Standes, einschließlich des Zölibats zu bitten, das Beschwerderecht gegen Verwaltungsakte, wie im Fall des Versterbens eines Beschuldigten zu verfahren ist bzw. wie zu verfahren ist, wenn sich eine Anzeige gegen einen Verstorbenen richtet, sowie auf die Information des mutmaßlichen Opfers und des Beschuldigten über das Verfahren. In diesem Zusammenhang wird auch noch einmal ausdrücklich auf die Wahrung des Päpstlichen Geheimnisses bzw. des Amtsgeheimnisses hingewiesen sowie darauf, dass alles zu vermeiden ist, was einem Dritten zum Schaden gereichen könnte.
Vademecum soll regelmäßig aktualisiert werden
Ausdrücklich handelt es sich bei diesem Vademecum um die Version 1.0, denn es soll regelmäßig aktualisiert und an die Gesetzgebung und Maßnahmen des Hl. Stuhles angepasst werden.
Beitrag: Diego Lopez
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