Harmonisierung von CIC und CCEO

Rote Pinnwandnadel in Korkwand

Am 31. Mai 2016 hat Papst Franziskus ein Apostolisches Schreiben motu proprio erlassen, das mit den Worten „De concordia inter Codices“ überschrieben ist. Das Schreiben wurde am 15. September 2016 über den vatikanischen Pressesaal verbreitet.

Mit dem vorliegenden Motu proprio werden einige Canones des Codex Iuris Canonici, des Gesetzbuches der lateinischen Kirche, geändert. Hintergrund ist die Harmonisierung der Rechtsnormen für die lateinische Kirche und für die orientalischen Kirchen.

Formalia

Das Schreiben ist in eine Einleitung, elf Artikel und eine Schlussbestimmung gegliedert.

Es ist auf den 31. Mai 2016 datiert.

Wie beim Apostolischen Schreiben „Come una madre amorevole“ hat Papst Franziskus auch für das neue Motu proprio – abweichend von der in can. 8 § 1 CIC als primäre Promulgationsweise vorgesehenen Promulgation in den Acta Apostolicae Sedis – bestimmt, dass dieses in der vatikanischen Tageszeitung L’Osservatore Romano promulgiert wird. Zusätzlich soll das Motu proprio in den Acta Apostolicae Sedis publiziert werden.

Die Promulgation ist am 16.09.2016 erfolgt.

Inhalt

Einleitung

Papst Franziskus betont in der Einleitung zu seinem neuen Motu proprio die Absicht, die Rechtsbestimmungen der beiden Codices, des Codex Iuris Canonici und des Codex Canonum Ecclesiarum Orientalium, besser aufeinander abzustimmen und damit in wichtigen pastoralen Handlungsfeldern wie der Taufe und der Ehe Rechtssicherheit zu schaffen. Die bisher divergierenden Normen zwischen beiden Codices hätten nämlich negative Auswirkungen in der Pastoral, insbesondere wenn es darum geht, das Verhältnis zwischen Angehörigen der lateinischen Kirche und den Angehörigen einer orientalischen Kirche zu regeln.

Gerade in unseren Tagen gebe es verstärkt Gläubige, die einer orientalischen Kirche angehören, auch in Gebieten, die zur lateinischen Kirche gehören. Da die Gläubigen, die zu einer orientalischen Kirche gehören, verpflichtet sind, ihren eigenen Ritus zu pflegen, müssen von Seiten der kirchlichen Autorität die erforderlichen Rahmenbedingungen geschaffen werden, unter denen eine solche Beachtung des eigenen Ritus möglich ist. Dabei soll aber auch der historischen Tradition der „lateinischen Gebiete“ Rechnung getragen werden.

Auch vor dem Hintergrund, dass heute in stärkerem Maß als früher Gläubige, die zu einer nichtkatholischen orientalischen Kirche angehören, in Gebieten leben, die traditionell zur lateinischen Kirche gehören, sollen durch die Bestimmungen des Motu proprio Regelungen getroffen werden, welche die Beziehungen zwischen Katholiken und Angehörigen von nichtkatholischen orientalischen Kirchen besser regeln.

Der vorliegende Text wurde vom Päpstlichen Rat für die Gesetzestexte unter Beteiligung von Konsultoren, Experten aus aller Welt und den für die orientalischen Gläubigen zuständigen Ordinariaten erarbeitet und dem Papst zum Erlass vorgelegt.

Artikel 1

Durch Artikel 1 des Motu proprio wird can. 111 CIC geändert. Dabei wird der durch den CCEO eingeführte Rechtsbegriff „Ecclesia sui iuris“ konsequent in den Text des CIC übernommen. Die bisherige Bezeichnung „Ecclesia ritualis“ wird zugunsten eines einheitlichen Sprachgebrauchs ersetzt.

Can. 111 § 1 bleibt bis auf eine sprachliche Änderung und die genannte konsequente Durchführung des Begriffes „Ecclesia sui iuris“ unverändert.

Can. 111 § 2 erhält einen neuen Wortlaut und regelt nun, dass ein Neugetaufter, bei dem nur ein Elternteil katholisch ist, der Kirche zugeschrieben wird, welcher der katholische Elternteil angehört.

Der bisherige § 2 wird § 3, wobei aus der Formulierung das Wort „rituali“ gestrichen wird.

Artikel 2

Artikel 2 setzt zum einen ebenfalls den Sprachgebrauch „Ecclesia sui iuris“ im can. 112 CIC um. Dafür wird der Wortlaut der §§ 1 und 2 entsprechend angepasst.

Darüber hinaus wird ein neuer § 3 angefügt. Dieser neue Paragraph regelt, ab wann ein Übertritt von einer zu einer anderen katholischen Kirche rechtswirksam wird. Außerdem wird vorgeschrieben, dass der Übertritt im Taufbuch zu vermerken ist. Wirksam wird ein Übertritt von einer zu einer anderen katholischen Kirche im Moment der Erklärung vor der zuständigen kirchlichen Autorität zusammen mit zwei Zeugen. Zuständige Autorität ist entweder der Ortsordinarius der aufnehmenden Kirche oder der Pfarrer der Pfarrei, zu der der Gläubige nach seinem Wechsel gehört, oder ein ordnungsgemäß delegierter Priester. Die Bestimmung des neuen § 3 korrespondiert mit can. 36 CCEO; die Vorschrift, dass der Wechsel im Taufbuch einzutragen ist, ist – auch für die lateinische Kirche – im CCEO in can. 37 geregelt.

Durch die neue Bestimmung wird eine Lücke im lateinischen Recht beseitigt, ab wann ein Gläubiger, der die „Ecclesia sui iuris“ wechselt, zur aufnehmenden Kirche tatsächlich dazugehört.

Artikel 3

Artikel 3 betrifft Änderungen in can. 535 § 2 CIC. Neben kleineren sprachlichen Anpassungen wird durch diese Änderung bestimmt, dass im Taufbuch die „Ecclesia sui iuris“, zu der die Zuschreibung durch die Taufe oder durch einen Übertritt erfolgt, ausdrücklich vermerkt werden muss.

Dies korrespondiert mit der Bestimmung in can. 37 CCEO.

Die Änderung hat unmittelbare Auswirkungen auf die Führung der Taufbücher, in denen bislang ein solcher Eintrag nicht vorgeschrieben und nur für den Fall üblich war, dass die Zuschreibung nicht zur lateinischen Kirche erfolgte. Die neue Bestimmung beseitigt Rechtsunsicherheiten bei der Frage der Kirchenzugehörigkeit der Gläubigen, die durch die verstärkte Mobilität und die Zuwanderung von Menschen, die aus ihren Heimatländern fliehen, gerade in letzter Zeit zugenommen hat. Künftig muss bei jedem Täufling vermerkt werden, in welche „Ecclesia sui iuris“ er aufgenommen wird. Die Taufbücher müssen entsprechend angepasst werden.

Artikel 4 und 5

Mit Artikel 5 wird ein neuer § 3 in can. 868 CIC angefügt; durch Artikel 4 wird in § 1 Nr. 2 eine Referenz auf diesen neuen § 3 gesetzt.

Can. 868 § 3 CIC bestimmt nun – übereinstimmend mit can. 681 § 5 CCEO –, dass ein Kind nichtkatholischer Christen erlaubt getauft wird, wenn derjenige, der rechtmäßig die Personensorge ausübt, um die Taufe bittet, und es nicht möglich ist, sich an einen Amtsträger der nichtkatholischen Kirche zu wenden. Damit dürfen insbesondere Priester, die in den orientalischen Kirchen – auch in den katholischen – allein ordentliche Taufspender sind, Kinder von Menschen, die aus ihrem Heimatland geflohen sind und einer orthodoxen Kirche angehören, erlaubt taufen, wenn es ihnen nicht möglich ist, sich an einen Vertreter ihrer Kirche zu wenden. Das Kind wird in diesem Fall durch die Taufe nicht katholisch, sondern orthodox.

Artikel 6

Artikel 6 fügt in can. 1108 CIC einen neuen § 3 an. Es wird bestimmt, dass nur ein Priester gültig einer Eheschließung zwischen zwei Gläubigen, die zu einer orientalischen Kirche gehören, und auch zwischen einem Angehörigen der lateinischen Kirche und einem Angehörigen einer orientalischen Kirche – gleich ob katholisch oder nichtkatholisch – assistiert.

Bei Eheschließungen gilt daher die Formel: Sobald ein orientalischer Christ, sei er katholisch oder nicht, an einer Eheschließung beteiligt ist, kann die Assistenz gültig nur durch einen Priester erfolgen.

Mit dieser Bestimmung wird den Vorgaben der orientalischen Kirchen Rechnung getragen, die als Eheschließungsform den sog. ritus sacer vorschreiben, der nur durch einen Priester, nicht etwa durch einen Diakon, vollzogen werden kann. Zwar war es bislang allgemeine Praxis, in Fällen, in denen ein orientalischer Christ an einer Eheschließung beteiligt war, nur einen Priester mit der Eheassistenz zu beauftragen; jetzt ist aber klargestellt, dass auch nach lateinischem Recht in diesen Fällen die Eheschließung ungültig ist, wenn ein Diakon assistiert.

Artikel 7

Artikel 7 betrifft can. 1109 CIC, der an einer Stelle sprachlich umgestaltet wird. Eine materielle Änderung tritt durch diese Änderung im Wortlaut nicht ein. Die Änderung orientiert sich am präziseren Sprachgebrauch des can. 829 § 1 CCEO.

Artikel 8

Mit Artikel 8 wird hinsichtlich der in can. 1111 § 1 CIC geregelten Eheassistenz durch Diakone, einschränkend auf den neuen can. 1108 § 3 CIC verwiesen, der bei Beteiligung eines Orientalen an einer Eheschließung eine gültige Assistenz durch eine Person, die nicht die Priesterweihe empfangen hat, ausschließt.

Artikel 9

Artikel 9 fügt denselben Vorbehalt, wie er schon bei can. 1111 § 1 CIC gesetzt worden ist, auch in can. 1112 § 1 CIC ein. Auch für den Fall, dass Laien für die Eheschließungsassistenz an sich legitim beauftragt werden, kann nur ein Priester gültig der Eheschließung assistieren, wenn ein Orientale beteiligt ist.

Artikel 10

Artikel 10 fügt in can. 1116 CIC einen neuen § 3 an. Dieser erlaubt es, dass ein lateinischer Ortsordinarius jedweden katholischen Priester mit der Einsegnung von Ehen von Gläubigen, die einer nichtkatholischen orientalischen Kirche angehören, beauftragen kann. Voraussetzung ist, dass diese Gläubigen von sich aus darum bitten und dass der gültigen und erlaubten Eheschließung nichts im Wege steht. Außerdem muss der Priester die für die Eheschließung ordentlich zuständige kirchliche Autorität informieren.

Die Formulierung im neuen can. 1116 § 3 CIC orientiert sich an derjenigen des can. 833 § 1 CCEO. Durch diese Änderung wird mit Blick auf die genannten Eheschließungen ein einheitliches Recht in der ganzen katholischen Kirche hergestellt. Insbesondere können lateinische Ortsordinarien aufgrund dieser neuen Bestimmung auch Priester orientalischer katholischer Kirchen mit der Einsegnung dieser Ehen beauftragen, so wie orientalische Hierarchen aufgrund von can. 833 § 1 CCEO bisher schon lateinische Priester beauftragen konnten. Der Priester ist – wie bei katholischen Eheschließungen auch – verpflichtet, zu prüfen, ob der gültigen und erlaubten Eheschließung etwas entgegensteht.

Artikel 11

Artikel 11 ändert can. 1127 § 1 CIC. Can. 1127 CIC regelt dass die Einhaltung der Formpflicht bei Eheschließungen, an denen ein nichtkatholischer Orientale beteiligt ist, nur zur Erlaubtheit erforderlich ist. Gültigkeitsvoraussetzung ist jedoch, dass ein Priester der Eheschließung assistiert. Bislang war die Beteiligung eines „minister sacer“ vorgeschrieben, worunter auch ein Diakon verstanden wird.

Die durch Artikel 11 eingeführte Änderung des can. 1127 § 1 korrespondiert mit der durch Artikel 6 herbeigeführten Einführung des neuen can. 1108 § 3 CIC, wonach einer Eheschließung mit orientalischer Beteiligung nur ein Priester gültig assistieren kann.

Schlussbestimmungen

Im Anschluss an Artikel 11 findet sich der Promulgationsbefehl, der bestimmt, dass das Motu proprio im L’Osservatore Romano promulgiert und zusätzlich im amtlichen Publikationsorgan des Apostolischen Stuhls, den Acta Apostolicae Sedis publiziert werden soll. Alle Bestimmungen, die dem Motu proprio entgegenstehen, verlieren mit dessen Inkrafttreten ihre Geltung.

Das Datum des Inkrafttretens der durch das Motu proprio herbeigeführten Änderungen im CIC wird nicht eigens festgelegt. Da es sich bei den Änderungen um Klarstellungen im lateinischen Recht handelt, die bereits im CCEO geregelt sind, werden die Änderungen vom Zeitpunkt der Promulgation an im CIC wirksam. Die Promulgation ist am 16.09.2016 in der italienischen Tagesausgabe des L’Osservatore Romano erfolgt; die Änderungen sind somit seit dem 16.09.2016 im CIC wirksam.

Links zum Beitrag:

Synopse zu den Änderungen in einer PDF-Datei: Synopse zu De concordia-min

Link zum Originaltext: Originaltext des Motu proprio