Neufassung der Normen von Vos estis lux mundi

Rote Pinnwandnadel in Korkwand

Am 25.03.2023 unterzeichnete Papst Franziskus die neue Fassung des Motu Proprio Vos estis lux mundi, mit welchem die Meldeverfahren bei sexuellem Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche normiert werden. Das Motu Proprio wurde am 25.03.2023 im L’Osservatore Romano promulgiert und soll am 30.04.2023 in Kraft treten. Eine Aufnahme in die Acta Apostolicae Sedis ist vorgesehen.

Geltung der bisherigen Normen

Die erste Fassung von Vos estis lux mundi trat am 01.06.2019 für 3 Jahre ad experimentum in Kraft. Diese Frist lief somit bereits zum 31.05.2022 aus. Papst Franziskus hat in Art. 20 nun festgelegt, dass die alte Fassung mit Inkrafttreten der neuen Fassung zum 30.04.2023 aufgehoben wird. Für die Zeitspanne zwischen dem 31.05.2022 und dem 30.04.2023 bleibt jedoch weiterhin eine Unsicherheit über die Geltung der Normen bestehen.

Normativer Teil

Komplett neu geschaffen wurde Art. 10, welcher die Supremi Moderatori der Institute des geweihten Lebens und der Gesellschaften des Apostolischen Lebens umfasst. Damit verschiebt sich die Nummerierung aller folgenden Artikel um eine Nummer nach hinten.

Interessant ist auch die bessere Einbindung der Nuntien in die Meldeverfahren. Der dritte Paragraf von Artikel 3 legt nun fest, dass der Nuntius informiert werden muss, wenn eine Meldung direkt an ein Dikasterium ergeht. Im neuen Artikel 16 wird festgelegt, dass vorbeugende Vorkehrungen erst verhängt werden dürfen, wenn das zuständige Dikasterium zuvor den Nuntius angehört hat. Der neue Art. 18 § 1 legt nun fest, dass eine Kopie der Untersuchungsakten im Archiv des Nuntius aufbewahrt werden muss.

Des Weiteren wurden einige kleinere Änderungen vorgenommen. Z.B. werden in Art. 1 § 1 nun neben den Klerikern und Angehörigen von Instituten des geweihten Lebens und Gesellschaften des Apostolischen Lebens, auch die Moderatoren der vom Apostolischen Stuhl anerkannten oder errichteten internationalen Vereinigungen erfasst. Die Regelung in Art. 4 § 3, dass dem, der eine Meldung erstattet, kein Schweigegebot auferlegt werden darf, ist nun auch auf die Person, die behauptet zu Schaden gekommen zu sein und auf die Zeugen ausgeweitet. Unter Art. 6 d) werden nun auch Kleriker erfasst, die einem öffentlichen klerikalen Verein mit Inkardinationsbefugnis vorstehen oder vorgestanden haben und in Art. 6 f) Laien, die Vorsitzende von internationalen Vereinigungen sind oder waren, die vom Apostolischen Stuhl errichtet oder anerkannt wurden. In Art. 8, der sich auf die lateinischen Bischöfe bezieht, wurden in § 2 die Vorsteher von Gebieten ergänzt, die unmittelbar dem Apostolischen Stuhl unterstellt sind, in Art. 9, der sich auf die Bischöfe der Ostkirchen bezieht, werden mit § 1 nun auch die Personen, die den Bischöfen gleichgestellt sind, erfasst. Erwähnenswert ist auch der neue Art. 13 § 6, nach welchem nun jeder Person, die glaubt, dass der Metropolit in einem Interessenskonflikt steht, die Möglichkeit hat, sich an das zuständige Dikasterium zu wenden. Im gleichen Artikel wird in § 7 nun neben der Unschuldsvermutung auch auf den Schutz des guten Rufes verwiesen.

Präzisierungen und sprachliche Anpassungen an andere Rechtsquellen

Die neue Fassung von VELM enthält einige Formulierungen, welche mehr Klarheit schaffen. So hieß es in Art. 2 § 1 der alten Fassung, dass in den Diözesen und Eparchien „feste Systeme“ bestimmt werden müssen, bei denen die Meldungen zu sexuellem Missbrauch eingereicht werden können, in der neuen Fassung ist nun anstatt von Systemen von Stellen und Ämtern die Rede. In Art. 2 § 3 der alten Fassung hieß es, dass die betroffenen Ordinarien „nach Maßgabe des Rechts entsprechend dem, was für den spezifischen Fall vorgesehen ist, vorgehen“ sollen. In der neuen Fassung heißt es nun, dass der Ordinarius des Ortes, an dem die Tat stattgefunden hat, für weitere Schritte verantwortlich ist, sofern er nicht mit den anderen Ordinarien etwas anderes vereinbart hat. Art. 3 § 1 präzisiert nun, dass Kleriker bei der Ausübung ihres Dienstes im forum internum von der Meldepflicht ausgenommen sind, in der alten Fassung wurde nur auf die cann. 1548 § 2 CIC und 1229 § 2 CCEO verwiesen. Art. 5 § 2 verwendete in der alten Fassung das Wort immagine, in der neuen Fassung wird jetzt von der buona fama gesprochen, die gleiche Formulierung, die sich auch in can. 220 CIC findet. Auch wird nun nicht mehr allgemein auf den Heiligen Stuhl, sondern auf die zuständigen Dikasterien verwiesen, so z.B. in Art. 9.

Weitere Änderungen beziehen sich auf die Neufassung des kirchlichen Strafrechts. So werden nun in Art. 1 § 1 a) **, neben den minderjährigen und schutzbedürftigen Personen, zusätzlich auch die Personen, deren Vernunftgebrauch habituell eingeschränkt ist, erfasst. Diese Änderung orientiert sich an can. 1398 § 1, 1° CIC. Auch die folgenden Untergliederungen von Art. 1 § 1 a) nehmen in ihren Formulierungen Bezug auf can. 1398 § 1 CIC. Interessant ist, dass sowohl die vorherige Fassung von VELM als auch die aktuelle Fassung auf Italienisch und nicht auf Latein promulgiert wurden, auch wenn beide Motu proprien den lateinischen Titel Vos estis lux mundi tragen. Daher wurden sprachliche Angleichungen durchgeführt, die sich am italienischen Text des CIC orientieren. So wird nun in Art. 1 § 1 a) * anstatt compiere das Wort realizzare verwendet, welches sich auch in can. 1395 § 3 CIC in der italienischen Fassung findet. Eine weitere Quelle für sprachliche Anpassungen bilden die normae de delictis congregationi pro doctrina fidei reservatis. So wurden z.B. in Art. 1 § 2 c) VELM, die scopi di libidine o di lucro ergänzt, die gleiche Formulierung findet sich in Art. 6, 2° der normae. Im Zuge der Kurienreform durch Praedicate Evangelium werden die Kongregationen in Art. 7 nun als Dikasterien benannt.

Alles in allem zeigt sich, dass keine grundlegenden Änderungen, sondern nur Ergänzungen und Anpassungen vorgenommen wurden. Die neue Fassung von VELM zeichnet sich durch mehr Klarheit und Prägnanz aus und bildet somit eine gute Fortführung des mit VELM 2019 begonnenen Weges.

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Autor: Diego Lopez