Neue Form der Bekanntmachung von Gesetzen des Staates der Vatikanstadt

Rote Pinnwandnadel in Korkwand

Am 16.01.2024 unterzeichnete Papst Franziskus ein Dekret, durch welches die Normen zur Bekanntmachung von Gesetzen für den Staat der Vatikanstadt geändert werden. Es wurde am 17.01.2024 im Bollettino der Sala Stampa veröffentlicht und trat am gleichen Tag in Kraft. Eine Aufnahme in die Acta Apostolicae Sedis ist vorgesehen.

Neue Form der Bekanntmachung von Gesetzen

Durch das Dekret gelten ab sofort alle gesetzgeberischen Maßnahmen durch Aushang sowohl im Damasus-Hof unterhalb des Apostolischen Palastes als auch in der vatikanischen Poststelle, im Govenatoratspalast sowie durch Veröffentlichung auf der Website des Staates der Vatikanstadt als bekannt gemacht. Sie sollen jedoch weiterhin in die Acta Apostolicae Sedis aufgenommen werden.

Änderung der Legge sulle fonti del diritto

Nach dem bisher geltenden Art. 2 Nr. 3 Legge sulle fonti erfolgte die ordentliche Bekanntmachung von Gesetzen des Staates der Vatikanstadt durch Veröffentlichung im Supplemento speciale der Acta Apostolicae Sedis. Mit dem nun von Papst Franziskus erlassenen Dekret wird dies geändert, ab sofort ist der Aushang des Gesetzes an den oben genannten Orten die ordentliche Form der Bekanntmachung und nicht länger die Veröffentlichung im Supplemento speciale. Da im Text des Dekrets die Verpflichtung zum Aushang an verschiedenen Orten sowie die Veröffentlichung auf der Website des Staates der Vatikanstadt mit der Konjunktion „und“ (italienisch: „e“) verknüpft werden, ist davon auszugehen, dass dies kumulativ zu verstehen ist, d.h. dass eine ordentliche Bekanntmachung nicht erfolgt ist, wenn das Gesetz nicht oder noch nicht an allen Aushangsstellen und auch auf der Website des Staates der Vatikanstadt veröffentlicht wurde. Daraus ergibt sich für den Gesetzesanwender das Problem, dass er in der Regel nicht über die Information verfügt, ob bekanntzumachende Gesetze tatsächlich an allen erforderlichen Stellen und im Internet ausgehängt bzw. veröffentlicht wurden. Um Rechtssicherheit über die korrekte Bekanntmachung zu erlangen, müsste der Rechtsanwender zuerst die Bekanntmachung des Gesetzes an allen genannten Orten überprüfen, um rechtssicher feststellen zu können, dass das Gesetz ordnungsgemäß bekannt gemacht wurde.

Hinzu tritt noch das Problem, dass nicht zweifelsfrei geklärt ist, welche Website für die Bekanntmachung einschlägig ist. Als „offizielle“ Website des Staates der Vatikanstadt wird im Internetangebot des Heiligen Stuhls (www.vatican.va) auf die Adresse (www.vaticanstate.va) verlinkt. Dort jedoch findet sich etwa das aktuelle Dekret gerade nicht. Das wirft die Frage auf, ob das Dekret vom 16.01.2024 ordnungsgemäß veröffentlicht und rechtswirksam geworden ist.

Im Dekret wird nicht der Begriff leggi, sondern provvedimenti normativi verwendet. Unter provvedimenti normativi fallen nicht nur die leggi (Gesetze), sondern auch Dekrete, Statuten und Ordnungen.

Promulgation oder Bekanntmachung von Gesetzen

Der Terminus technicus im kanonischen Recht für die Promulgation ist im Italienischen promulgare, bzw. promulgazione (vgl. cann. 7 & 8 CIC), er wird z.B. in Art. 1, Nr. 2 der Legge sulle fonti verwendet: „Sono fonti principali del diritto la legge fondamentale e le leggi promulgate per lo Stato della Città del Vaticano dal Sommo Pontefice, dalla Pontificia Commissione o da altre autorità alle quali Egli abbia conferito l’esercizio del potere legislativo.“ Ebenso findet er in Art. 10, Nr. 2 der Legge fondamentale dello Stato della Città del Vaticano Verwendung. Dort heißt es: “Prima della promulgazione, le leggi approvate dalla Pontificia Commissione sono sottoposte alla diretta considerazione del Sommo Pontefice.”

Papst Franziskus verwendet im oben genanntem Dekret allerdings den Begriff pubblicazione. Der zweite Artikel der Legge sulle fonti behandelt die Veröffentlichung und das Inkrafttreten von Gesetzen. In diesem Artikel wird ebenfalls nicht promulgazione, sondern pubblicazione verwendet. So heißt es dort:

“1. Le leggi sono pubblicate con la data e con il numero romano progressivo per la durata di ciascun pontificato.

2. Le leggi entrato in vigore il settimo giorno successivo alla loro pubblicazione, salvo che le leggi stesse stabiliscano un diverso termine.

3. Le leggi indicate nell’art. 1 n. 2 sono depositate nell’apposito Archivio del Governatorato e pubblicate nello speciale supplemento degli Acta Apostolicae Sedis, eccetto che in casi particolari sia prescritta nella legge medesima una diversa forma di pubblicazione.”

Aus Art. 2 Legge sulle fonti geht somit klar hervor, dass mit pubblicazione die amtliche Bekanntmachung des Gesetzes gemeint ist. Im Gegensatz zum CIC, nach dem die Frist bis zum Inkrafttreten des Gesetzes mit der Promulgation zu laufen beginnt (vgl. can. 8 CIC), beginnt die Frist nach Art. 2, Nr. 2 Legge sulle fonti mit der pubblicazione, also der amtlichen Bekanntmachung des Gesetzes zu laufen. Die Verwendung beider Begriffe, sowohl von promulgazione als auch von pubblicazione im gleichen Gesetzestext stiftet jedoch Verwirrung. Hier wäre es besser, wenn sich der Gesetzgeber auf einen der beiden Begriffe beschränken würde.

Als Begründung des Dekrets gibt Papst Franziskus an, dass es in jüngster Zeit erforderlich gewesen sei, die Frage zum Inkrafttreten von gesetzgeberischen Maßnahmen im Staat der Vatikanstadt zu klären. Die letzte Ausgabe der Acta Apostolicae Sedis ist aktuell die Ausgabe vom März 2022 (Stand: 26.01.2024). Damit hinkt die Veröffentlichung der AAS 22 Monate hinterher. Gemäß der vorherigen Ordnung würden Gesetze des Staates der Vatikanstadt somit erst mit 22-monatiger Verspätung in Kraft treten. Durch die neue Regelung erlangen die Gesetze nun, unabhängig von ihrer Veröffentlichung in den Supplemento speciale der AAS, durch die neue Form der Bekanntmachung Rechtskraft.

Links:

Dekret

Legge sulle fonti del diritto

Beitrag: Diego Lopez